Beim Aufstehen erwartete uns ein sternenklarer Himmel. Nach dem krassen Regen am Tag zuvor waren wir sehr skeptisch, ob sich der Wetterbericht bewahrheiten würde. Aber tatsächlich wandelt sich das Wetter auf den Azoren unfassbar schnell und so war es wettertechnisch ein perfekter Tag für unsere Pläne.

Ich brachte den Lieblingsmenschen nach Madalena zur Fähre, mit der er für einen Tagesausflug nach Faial fahren würde. Er nahm Egon mit, da der nicht optimale Rucksack eh schon überfüllt war. Für mich ging es nun hoch zum Berg. Dafür fährt man zunächst über die längste gerade Straße der Azoren und biegt dann schließlich zum Berg ab.

Im Hellerwerden sah ich den Berg ganz klar vor mir. Seit wir auf der Insel sind, hatten wir ihn noch gar nicht gesehen, völlig verrückt. Die Straße hoch zum Parkplatz war dann wieder eine sehr löchrige und sehr schmale Straße, auf der mir zum Glück niemand entgegen kam.

In der Casa da Montanha muss sich jeder anmelden, der auf den Pico steigen möchte, tatsächlich geht der Zustieg nur durch das Haus. Man muss quasi Eintritt zahlen und bekommt ein GPS-Gerät, mit dem man auch einen Notruf absetzen könnte. Da ich eine geführte Tour bei Pico me up gebucht hatte, musste ich mich um all das nicht kümmern. Schließlich kam Manuel, der Guide, mit einer weiteren Teilnehmerin und kümmerte sich um alle Formalien.

Und dann ging es los. Nachdem wir die Treppen hinauf gegangen waren, ging es in den Weg noch oben. Und das sollte bis zum Gipfel so bleiben: es ging aufwärts. Flache Strecken oder kleine Abstiege zwischendurch? Fehlanzeige, immer schön bergauf.

Wir liefen zunächst lange im Schatten. Es gab immer wieder vereiste Stellen, die Temperatur lag so bei ungefähr 3 Grad. Das Tempo, das Manuel vorgab, war gut zu laufen. Über die ganze Wegstrecke sind 47 Pfosten zur Orientierung verteilt. Man ahnt, worauf man sich eingelassen hat, wenn man das am zweiten Pfosten erfährt. Das Lavagestein ist völlig anders als die Steine, auf die man so in den Alpen tritt. Es ist super rauh und hat eine krasse Haftung, man kann also rutschfrei laufen, wenn man allerdings hängenbleibt, ist das auch gleich nachhaltiger, zumal die Steine teilweise auch sehr scharfkantig sind. Wir machten immer wieder kleine Pausen, um die unfassbare Aussicht zu genießen, nach etwas mehr als der Hälfte des Aufstiegs machten wir eine erste kleine Vesperpause. Inzwischen zogen Wolken auf, die sich aber unter uns befanden. Sie bildeten keine geschlossene Wolkendecke, wir konnten also immer wieder Faial und das Meer sehen. Außerdem kamen wir immer mehr in die Sonne, die vorher noch komplett hinter dem Berg war.

© manuel @picomeup

© manuel @picomeup

Schließlich verlief der Weg rechts um den Berg herum und wir kamen voll in den Wind, der sehr kalt und kräftig daher kam. Stellenweise mussten wir uns regelrecht dagegenstemmen. Schließlich ließ sich der Gipfel, der kleine Vulkankegel Picoinho zum ersten Mal hinter dem Kraterrand erblicken.

Wir erreichten den Kraterrand, der vor einigen Tagen noch komplett zugeschneit war und jetzt nur Schneeflecken enthielt. Das ersparte uns die Benutzung von Grödeln, die wir sonst hätten tragen müssen. Ich war nun sehr froh, dass Manuel mir sehr warme und robuste Handschuhe mitgebracht hatte, denn beim Aufstieg auf den Gipfel mussten wir nun eine kleine Kletterei bewältigten, die ohne Handschuhe mit dem eisigen Wind und dem rauhen Gestein sehr unangenehm geworden wäre. Einmal machte mein Kopf Bekannschaft mit dem Felsen, was ordentlich gezwiebelt hat. Die Kraxelei war ansonsten genau mein Ding und schließlich erreichten wir den Gipfel und damit den höchsten Punkt von ganz Portugal.

© manuel @picomeup

Beim Gipfelfoto wurden wir fast umgeblasen vom Wind, aber etwas unter dem Gipfel gab es eine windgeschützte Stelle, von wo aus wir den Ausblick genießen konnten. Und der war wirklich atemberaubend. Dieser Berg verdient es wirklich, einfach nur „Montanha – der Berg“ zu heißen, denn rundherum gibt es keine Berge. Man schaut hinunter auf Wolken, aus denen das Meer und die umliegenden Inseln herausschauen, wo auf keiner ein annähernd gleich hoher Berg zu finden ist. Die höchste Erhebung auf Faial ist mit etwas über 1000 Metern Höhe nur halb so hoch wie Montanha. Da ich sonst eigentlich nur in den Alpen unterwegs bin, wo ein Berg mit 2351m Höhe wie der Montanha ja nur einer von vielen Bergen und meist nicht der höchste in der Umgebung ist, war das hier ein echt überwältigender Anblick. Wir vesperten und mit Manuels Hilfe konnte ich auch den Geocache hier oben bald finden, dessen Logbuch allerdings gefroren und deshalb nicht beschreibbar war.

© manuel @picomeup

Schließlich ging es an den Abstieg und der hatte es in sich. Denn wenn die über 1000 Meter Aufstieg natürlich anstrengend waren, machten sie mir nicht so viel aus, da ich gerne aufsteige. Der Abstieg wurde dann aber eine Herausforderung für meine Knie, denn er war über lange Strecken sehr steil, da brachten auch die Wanderstöcke nur wenig Entlastung. Außerdem bin ich bergab einfach eine Schnecke, dass nervt mich dann selbst manchmal.

© manuel @picomeup

© manuel @picomeup

Mehr oder weniger sturzfrei (einmal landete ich auf dem Hintern, aber an einer Stelle, als ich mich eh grad setzen wollte) gelangten wir schließlich zu einem krassen Lavatunnel, den wir beim Aufstieg noch nicht angeschaut hatten. Er ging super tief runter und zeigte einmal mehr, auf welch aktivem Boden man hier unterwegs war. Kurz unter dem Gipfel hatte Manuel uns noch eine Fumarole gezeigt, die beim Näherkommen meine Brille beschlagen ließ, weil so warmer Dampf heraus kam. Eine völlig andere Welt, sehr beeindruckend.

An der Casa da Montanha angekommen, gaben wir die GPS-Geräte ab und bekamen ein offizielles Zertifikat ausgehändigt, dass wir den Gipfel erreicht haben. Von Manuel bekamen wir noch einen Aufnäher als Erinnerung. Die Tour war ein unfassbar tolles Erlebnis, die Dank Manuels Führung ein voller Erfolg war. Unterwegs hat er Fotos gemacht, sodass ich auch mal auf den Bildern drauf bin, da ich ja ein absoluter Selfie-Noob bin und deshalb keine mache, gibt es sonst ja nur Landschaft auf meinen Bildern zu sehen, oder vielleicht mal Egon. Ein paar von Manuels Fotos findet ihr auch in diesem Beitrag, ich durfte sie netterweise verwenden. Pico me up kann ich uneingeschränkt empfehlen. Und wenn man hauptsächlich Wandererfahrung aus den Alpen hat und nicht gerade ausgebildeter Bergprofi ist, ist es eine gute Idee, die Tour geführt anzugehen, da sie doch ganz andere Herausforderungen stellt.

Ganz erfüllt von all den Eindrucken hab ich im Auto dann erstmal noch was gegessen, weil das aufgrund des Windes und der Kälte irgendwie zu kurz gekommen war, und dabei ließ ich das Abenteuer nochmal Revue passieren. Dabei hatte ich wieder eine tolle Aussicht auf Faial.

Schließlich fuhr ich runter nach Madalena. Bis zur Ankunft der Fähre, auf der der Lieblingsmensch und Egon sein würden, hatte ich noch etwas Zeit und bummelte durch den Ort. Zum Essen trafen wir uns dann im O Cinco, wo wir mit Glück einen Tisch bekamen. Wir teilten uns nochmal Lapas und ich aß einen traditionellen Eintopf mit Bohnen. Als Nachtisch gab es wiedermal Maracujacreme, die einfach der Knaller ist.

Zurück in der Unterkunft haben wir nochmal die Wunderschön-Sendung mit Tamina Kallert über die Azoren angesehen. Ein witziges Gefühl, wenn man die Orte, die dort zu sehen sind, gerade selbst besucht hat.

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