Schon lange wollte ich mal zum Sonnenaufgang auf den Ifen. Mein Herz hängt an diesem Berg, der mir vor fünf Jahren den Muskelkater meines Lebens beschert, aber gleichzeitig meine Leidenschaft für’s Wandern wieder entfacht hat. Da der Lieblingsmensch von hier zur Arbeit gefahren ist, um dann erst am Freitag wieder zurückzukommen, musste er um vier aufstehen. Das haben wir dann einfach gemeinsam getan, nur dass er ins Auto stieg und ich loslief.

Es war eine sternenklare Nacht mit nur einem schmalen Mondstreifen. Hier ist es nachts noch wirklich dunkel, ohne Stirnlampe hätte ich den Weg nicht ausmachen können. Die Temperatur war noch recht frisch, aber auch nicht zu kalt, angenehm für’s Wandern. An der Auenhütte überlegte ich kurz, welchen Weg ich nehmen sollte, entschied mich dann aber für den „naturnahen Wanderweg“ (so steht es auf dem Schild) durch den Wald. Der ist zwar deutlich steiler und dunkler, aber eben auch kürzer. Mit der Stirnlampe war er gut zu machen. An der Ifenhütte angekommen, musste ich leider erstmal meine Fersen verpflastern. Nachdem ich mit meinen geliebten Wanderschuhen die Tage zuvor etwas Stress hatte, entschied ich mich für diese Tour für meine Bergstiefel. Diese hatte ich aber bestimmt drei Jahre nicht angehabt und prompt zickten meine Füße rum. Normalerweise hab ich immer Blasenpflaster im Rucksack, ausgerechnet heute natürlich nicht. Also musste Tape herhalten, denn Aufgeben war keine Option. Optimal war es damit nicht, aber etwas besser. Am Himmel war inzwischen ein ganz schmaler heller Streifen zu sehen. Es würde ein Wettlauf mit der Sonne werden, das wurde mir spätestens da bewusst.

Nun folgte der Anstieg in die Ifenmulde, zunächst in Serpentinen und dann den Berg rauf. Ich erinnerte mich, dass ich den Abzweig zum Ifen auch im Tageslicht fast verpasst hatte und in der Tat lief ich im Dunkeln dran vorbei. Da ich das vorausgeahnt hatte, hatte ich den Track der Route auf dem Handy dabei und glücklicherweise Empfang (mein GPS, was für diese Zwecke so praktisch ist, befindet sich ja in dem Rucksack, der in Schottland liegen geblieben war…). Es hat trotzdem eine ganze Weile und einige Strecke durch matschige Wiese gedauert, bis ich endlich den Weg fand. Inzwischen war es so hell, dass die Orientierung auch einfacher wurde. Die Strecke durch’s Geröll war eine rutschige Angelegenheit, weil die Steine feucht und meine Schuhe voller Matsch waren. Auf dem Ifenplateau angekommen, muss man dieses zum Gipfel ja noch ein ganzes Stück hochlaufen. Den eigentlichen Sonnenaufgang erlebte ich dann auf dieser Strecke. Es ist einfach atemberaubend, wenn die umliegenden Berggipfel plötzlich rot aufleuchten. Auch das Gipfelkreuz stand in rotem Licht da. Und ich war allein, ich hatte den Gipfel für mich. Das passiert am Ifen eigentlich nie.

Ich zog mir warme Sachen über und kochte mir einen Kaffee mit dem Gaskocher. Diesen genoss ich in aller Ruhe. Und plötzlich zogen aus der Ifenmulde Wolken herauf und die Umgebung verschwand im Weiß. Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell sowas im Gebirge passiert. Ohne Sonne wurde es merklich kühler, deshalb brach ich bald wieder auf.

Meine geplagten Füße protestierten merklich, als es wieder losging. Es ging nun auf demselben Weg wieder zurück. Mir begegneten die ersten Wanderer. Nach dem seilversicherten Wegstück wandte ich mich nun aber Richtung Hahnenköpfle. Die Wolken waren wirklich nur am Ifen gewesen, so dass die Sicht dorthin frei war. Der Weg geht auch hier größtenteils durchs Geröll. Kurz vor dem Gipfel kehrt er auf den direkten Wanderweg von der Ifenhütte zum Hahnenköpfle zurück und ist dann auch nicht mehr blau-weiß gekennzeichnet. Auch auf dem Hahnenköpfle war ich allein und konnte die Aussicht über das Gottesackerplateau genießen.

Auf dem Weg zurück zur Ifenhütte wollte ich noch nach einem Geocache suchen, der gute 100 Meter vom Weg ab im Gelände lag. Aus der Beschreibung war schon klar, dass es ein besonderer Ort sein würde und tatsächlich befand er sich in einem Loch im Karstgestein. Ich brauchte also wieder die Stirnlampe, musste den Rucksack draußen lassen und mich dann mit den Füßen zuerst in das Loch quetschen. Nach dem Eingang eröffnete sich ein größerer und vor allem längerer Gang, den ich gern noch mehr erforscht hätte, was aber so ganz allein im freien Gelände total unvernünftig gewesen wäre. Also nahm ich nur den Eintrag ins Logbuch vor und kletterte wieder heraus. Alles was bis dahin noch sauber an mir war, war es nun nicht mehr.

Ich brauchte eine Weile, um zum Wanderweg zurückzukehren. Auf dem ging es nun zügig nach unten, denn mir kamen Scharen von Wanderern entgegen. Meinen inzwischen wirklich arg schmerzenden Füßen gönnte ich die Abfahrt mit der Seilbahn. Von der Auenhütte ging es trotzdem noch zum Herzsee, um ein erfrischendes Bad zu nehmen. Von dort schlich ich zurück zum Haus.

Von der Blase am linken Fuß riss beim Sockenausziehen die Haut endgültig ab. Also verbrachte ich den restlichen Tag gemütlich und ohne Schuhe auf der Dachterrasse und pflegte meine Füße.

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