Die ersten 600 Kilometer sind gefahren – auf dem neuen Schwinn IC8. Zeit für einen kleinen Bericht.

Die Zeiten, in denen ich bei jedem Wetter knallhart auf’s Rad gestiegen bin, sind einfach vorbei. Zum einen liegt es mit Sicherheit daran, dass ich im Winter nicht lange fahren kann. Meine Hände und Füße werden trotz guter Handschuhe und Winterradschuhe kalt und taub. Mit kalten Händen und Füßen hab ich das ganze Jahr über zu kämpfen, das Phänomen nennt man Raynaud-Syndrom. Das führt aber leider auch dazu, dass sie insgesamt kälteanfällig sind. Während meine Trainingspartnerin noch von „bissle frisch“ spricht, sind meine Füße und Hände gefühlt schon abgestorben. Und mich stundenlang anzuziehen, um dann nur eine halbe Stunde zu radeln, ist mir einfach zu aufwändig.
Zum anderen liegt es auch daran, dass ich inzwischen sportliche Alternativen habe, die ich im ersten 10000 Kilometer-Jahr auf dem Rennrad gar nicht zugelassen habe. Das Wandern nimmt deutlich mehr Raum und Zeit ein, außerdem geh ich ab und zu ganz gern mal bouldern oder klettern. Darüberhinaus gibt es hier ein sehr cooles Outdoortraining. Das hatte ich als Alternative zum Radfahren angefangen, weil ich irgendwann merkte, dass es gut wäre, auch mal ein paar andere Muskeln zu trainieren als nur die Beine. Als durch Corona das gemeinsame Sporteln nicht mehr möglich war, wurde sehr erfolgreich auf Online-Training umgestellt, was bei mir dazu führte, dass ich sogar mehr trainierte als vorher, einfach weil es schön bequem im eigenen Wohnzimmer war und die Anfahrtswege wegfielen.
Im letzten Jahr lag meine Jahreskilometerleistung auf dem Rad gerade mal bei 3000 Kilometern. Dafür hab ich es beim Wandern auf fast 400 Kilometer gebracht, was ja deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt als wenn man diese Strecke mit dem Rad fahren würde. Durch die langen Phasen des Arbeitens von daheim fielen auch die Arbeitsfahrten weg und ich merkte immer deutlicher, dass mir die Routine auf dem Rad abhanden kam und ich sie sehr vermisste.
Also machte ich gedanklich eine ganze Weile mit der Anschaffung eines Rollentrainers rum. Mir war gleich klar, dass er Zwift-kompatibel sein müsste, denn auch wenn ich leidensfähig bin, wollte ich die geleisteten Kilometer zumindest auf Strava hochladen können. Letztlich entschied ich mich dagegen. Alle Berichte über Rollentrainer und auch Erfahrungen von Freunden bestätigten meine Befürchtungen, dass diese Teile ziemlich laut sind. Eine Räumungsklage für unsere Wohnung unter dem Dach wollte ich nun für meine Fahrradbegeisterung nicht riskieren. Außerdem hätte dann nur ich fahren können, denn der Größenunterschied zwischen dem Lieblingsmenschen und mir schließt seine Nutzung meines Rades auf dem Rollentrainer von vornherein aus, wobei das Bild, das sich bei der Vorstellung in meinem Kopf ergibt, sehr witzig ist.
Rollentraineranschaffung zu Ende gedacht, machte ich mich über Spinningbikes schlau. Wenn man so ein Gerät mit Zwift nutzen und nicht darüber in die Privatinsolvenz geraten möchte, wird die Auswahl sehr eingeschränkt und unsere Wahl fiel ziemlich bald auf das Schwinn IC8. Leider hatte es coronabedingt eine recht lange Lieferfrist und wir befürchteten schon, dass es erst im Sommer geliefert würde. Es kam dann aber doch per Spedition Mitte März bei uns an.
Auf einer Palette geliefert ist der Karton sehr schwer und unhandlich, weshalb wir es vor dem Haus auspackten und in Einzelteilen unter’s Dach trugen. Der Aufbau selbst dauerte ca. 30 Minuten.
Wir finden es optisch recht ansprechend, durch die schwarz-rote Lackierung sieht es auch recht sportlich aus. Das ist von demher nicht unwichtig, dass es bei uns im Wohnzimmer steht, weil man dann den Fernseher mitnutzen kann.

Es ist insgesamt sehr stabil und hält einiges an Gewicht der Fahrerin aus. Die Verstellmöglichkeiten könnten für meinen Geschmack noch etwas vielfältiger sein. Die Fahrergröße ist laut Schwinn mit 1,55m bis 1,95m angegeben. Mit meinen 1,63m finde ich den Abstand zwischen Sattel und Lenker aber immer noch etwas groß, wobei ich allerdings auch echt kurze Arme habe. Außerdem ist es so, dass man den Lenker nicht mehr vernünftig vor oder zurück verstellen kann, wenn man die mitgelieferte Halterung für den Radcomputer anbaut, da sich der Griff für das Verstellen dann nicht mehr weit genug öffnen lässt. Also haben wir die Halterung provisorisch in den Lenker gestellt, was für unsere Zwecke reicht, weil wir den Computer eh nicht nutzen. Bei einem Gerät, was so viel Geld kostet, ist es aber schade, dass es an so einer entscheidenden Stelle nicht zu Ende gedacht ist. Der Sattel ist ein ziemlich klobiges Teil und trotzdem nicht besonders bequem, man gewöhnt sich allerdings mit der Zeit etwas dran. Der Lenker ist eher ein klassischer Hometrainer-Lenker, ermöglicht aber verschiedene Haltungen. Ich stelle fest, dass ich ihn mit gepolsterten Fahrradhandschuhen angenehmer finde, obwohl ich sonst nie mit Handschuhen fahre. Ungeschlagen ist das Rad allerdings bei der Lautstärke: es macht überhaupt keine Geräusche. Selbst, wenn man direkt nebendran steht, hört man nix. Wir haben eine Matte untergelegt, aber die schützt hauptsächlich den Boden, denn es gibt nichts, was gedämpft werden müsste. Für Mehrfamilienhäuser absolut top!
Wenn man das Schwinn mit Zwift nutzt, werden in Zwift die Watt-Zahlen angezeigt. Wie zutreffend diese sind, kann ich nicht einschätzen, weil ich meine Wattwerte noch nie gemessen habe. Mit einem Pulsgurt kann man auch die Herzfrequenz anzeigen lassen. Dies funktioniert auch mit der Applewatch, allerdings nicht immer ganz zuverlässig. Im Gegensatz zu verschiedenen Rollentrainer kann Zwift das Schwinn nicht direkt ansteuern. Das bedeutet, dass man am Berg in Zwift einfach langsam wird und/oder den Widerstand am Rad manuell verstellen muss. Ein richtiges Berggefühl kommt also nicht auf bzw. Strecken mit vielen Höhenmetern sind sehr mühsam. Da es mir aber hauptsächlich darum geht, überhaupt zu trainieren und Kilometer zu machen, ist mir das erstmal egal und ich wähl in Zwift einfach die flachen Strecken aus.

Das Training auf dem Rad empfinde ich als deutlich anstrengender als das Radfahren draußen. Das könnte natürlich daran liegen, dass ich die Wattwerte und die Geschwindigkeit ständig vor Augen hab, was mir auf dem Rennrad momentan fehlt, weil mein Garmin kaputt gegangen ist und ich noch kein neues Gerät angeschafft habe, ich also komplett nach Gefühl fahre. Abgesehen von der nicht optimalen Sitzposition und dem unbequemen Sattel ist außerdem der Q-Faktor für meine kurzen Beine relativ groß, da bin ich von meinen Rädern anderes gewöhnt. Ich hatte zu Anfang befürchtet, dass mein Knie deswegen Stress machen könnte, was zum Glück bisher aber nicht eingetroffen ist. Am krassesten ist aber, wie sehr der Fahrtwind fehlt: ich tropfe nach kürzester Zeit, Fahrten ohne Handtuch sind nicht denkbar! Entsprechend hoch ist der Verbrauch an Sportkleidung.
Wenn wir feststellen, dass das Rad weiterhin einen festen Platz in unserer Trainingsroutine einnimmt, würde ich auf lange Sicht auf ein sportlicheres bzw. technisch ausgefeilteres Indoor-Rad umsteigen wollen. Vorerst erfüllt das Schwinn aber alle Voraussetzungen für ein Schließen der winterlichen Trainingslücke und hat damit die Erwartungen, die wir hatten, voll erfüllt. Auch in Schlechtwetterzeiten werde ich froh sein, ohne nasse Füße und Co. trainieren zu können.
Ich musste beim Lesen schon schmunzeln. Tatsächlich kommt auch mir einiges bekannt vor. 🙂 Schön geschrieben :),
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Danke! Bin gespannt auf deinen nächsten Bericht!
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