von Andreas Eschbach

Bereits vor einer ganzen Weile sind mir diese beiden Jugendbücher von einer meiner Schülerinnen empfohlen worden. Gerade wenn ich viel um die Ohren habe, fehlt mir oft die Muße, mich abends noch mit anspruchsvollen oder komplexen Texten auseinanderzusetzen. Da ich aber immer mindestens ein Buch am Start haben muss und sei es auch nur für einzelne Seiten am Abend, lese ich in solchen vollgepackten Zeiten gerne Jugendbücher. Damit möchte ich nicht behaupten, Jugendbücher könnten nicht anspruchsvoll sein. Aufgrund der jüngeren Zielgruppe sind sie in der Regel aber doch eher leichte Lektüre, finde ich.

Von Andreas Eschbach habe ich bisher Das Jesus-Video, Der Jesus-Deal und Todesengel gelesen. Alle drei fand ich richtig gut, deshalb reizte es mich schon länger, mal eins seiner Jugendbücher zu lesen.

Protagonistin beider Bücher ist Saha Leeds. Sie lebt Mitte des 22. Jahrhunderts in einer Küstenstadt in Australien. Die Welt wie wir sie kennen hat sich ziemlich verändert. Der Klimawandel hat zu vielen Veränderungen geführt. Seit den sogenannten Energiekriegen gibt es außerdem die uns bekannten Staaten nicht mehr in der Form von Nationalstaaten. Vielmehr leben die Menschen in unterschiedlichen Zonen, die teilweise sehr unterschiedliche Gesetze haben. In den sogenannten Metropolen, z.B. in Sydney, ist ziemlich viel erlaubt, u.a. auch die genetische Manipulation beim Menschen. In den neotraditionalistischen Zonen ist das hingegen unter schwerer Strafe verboten. Sahas Stadt Seahaven liegt in einer solchen Zone. Saha lebt bei ihrer gehörlosen Tante seit ihre Mutter vor einigen Jahren gestorben ist. Da die Gehörlosigkeit der Tante nicht operabel ist, verständigen die beiden sich mit der internationalen Gebärdensprache.
Saha ist in der Schule eine Außenseiterin, sie wird oft von anderen geärgert, Carilja, die Tochter des reichsten Unternehmers in Seahaven, hat es regelrecht auf sie abgesehen. Bei einer der Attacken von Carilja landet Saha in einem Wasserbecken und niemand bemüht sich ihr zu helfen, obwohl jeder weiß, dass sie nicht schwimmen kann. Pigrit, ein Mitschüler, der die Szene beobachtet hat, zieht Saha schließlich aus dem Wasser. Sie war aber so lange unter Wasser, dass sie das eigentlich nicht hätte überleben dürfen.
In den Tagen nach dem Unfall entwickelt sich zum einen eine Freundschaft zwischen Pigrit und Saha. Zum anderen wird ihr immer mehr klar, dass es mit den Schlitzen an ihrem Oberkörper, von denen sie bisher immer glaubte, sie seien die Folgen eines Unfalls als Baby und die der Grund dafür waren, dass sie nie schwimmen gelernt hat, etwas ganz anderes auf sich hat.
Deshalb geht sie eines Tages einfach ins Meer und macht dabei eine unglaubliche Entdeckung.

Spoilerwarnung: Wer die Bücher noch lesen möchte, sollte an dieser Stelle nicht weiterlesen, weil es schwierig ist, über den zweiten Band zu berichten, ohne etwas vorwegzunehmen.

Im zweiten Band erforscht Saha ihre väterlichen Wurzeln. Nachdem sie erfahren hat, dass sie kein Ergebnis von genetischen Experimenten, sondern ihr Vater ein Wassermensch ist, schließt sie sich einem Schwarm Wassermenschen an, um ihren Vater zu finden. Bei den Wassermenschen lernt sie eine völlig neue Art des menschlichen Lebens kennen. Sie ist fasziniert und begeistert und auch erstaunt darüber, wie leicht sie sich in dieses Leben einfindet. Gleichzeitig merkt sie aber auch, dass sie verschiedene Dinge aus ihrem Leben als Luftmensch vermisst bzw. die immer gleichen Abläufe bei den Wassermenschen zwar total stressfrei aber irgendwann auch langweilig sind.
Die heile Welt gerät eines Tages in große Gefahr und Saha sieht sich gezwungen die Rolle der Mittlerin zwischen Wasser- und Luftmenschen, für die sie von den Wassermenschen gehalten wird, endgültig anzunehmen um die Wassermenschen vor der Ausrottung zu retten.

Die Bücher waren sehr unterhaltsam zu lesen. Sie enthalten viele tolle Ideen, wie das Leben in der Zukunft aussehen könnte und sind dabei aber so realistisch und nah an unserem heutigen Leben, dass man sich das alles sehr gut vorstellen kann und nicht damit beschäftigt ist, darüber nachzudenken, ob das so wahrscheinlich ist oder nicht. Auch wenn es keine Wassermenschen gibt, ist das grundlegende Thema total wichtig: die Frage, wie wir mit der Welt umgehen, wie wir Menschen sie miteinander und auch mit den Tieren teilen und welche Folgen das Handeln der Menschen für den ganzen Planet hat, ist heute aktueller denn je. Saha Leeds ist sehr sympathisch und man ist direkt auf ihrer Seite. Sie zeigt, dass auch Einzelne Großes bewirken können, dass es aber wichtig ist, den ersten Schritt zu machen. Beim Lesen hatte Saha in meiner Vorstellung große Ähnlichkeit mit der jungen Schwedin Greta Thunberg, die die Welt mit ihrer Rede beim Weltklimarat im Dezember 2018 so beeindruckt hat und deren Protest inzwischen immer mehr Nachahmer findet.

Der erste Band enthält ein paar interessante Wendungen, die überraschend sind und die Spannung bis zum Ende aufrecht erhalten. Auch der zweite Band birgt ein paar Überraschungen, allerdings ist ab einem gewissen Punkt die Lösung für das Gesamtproblem absehbar. Das Buch wird dadurch aber nicht langweilig, da noch einiges passiert, bis diese Lösung dann tatsächlich erreicht ist.
Davon abgesehen finde ich, dass das Ende noch so einige Fragen offen lässt. So hat Saha ja noch immer nicht ihren Vater gefunden. Vielleicht darf man ja auf eine Fortsetzung hoffen? Ich würde sie jedenfalls gerne lesen.

2 thoughts

  1. Ich habe auch einige Bücher von Eschbach gelesen. Ich muss aber sagen, dass ich seine abrupten Enden doch immer mal etwas frustrierend fand. Bei Eine Billion Dollar oder auch bei Der letzte seiner Art. Die Bücher waren auf einmal zu Ende und ich hatte noch so viele Fragezeichen im Kopf…
    Was ich von ihm auch ganz gut fand, war die „Out-Reihe“ von ihm (Black Out, Hide Out, Time Out). Das sind auch Jugendbücher, aber sie waren echt ganz spannend.

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    1. Die Out-Reihe steht auch noch auf meiner Liste. Ich mag solche Enden, denn sie geben Raum zum Denken. Aber manchmal brauch ich auch Bücher mit richtigem Ende, am besten so, dass sich alles zum Guten wendet. Schön, dass es so viele unterschiedliche Arten von Büchern gibt. 🙂

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